Stile
Die Große Straße war jahrhundertelang die
wichtigste Straße Verdens. Im Jahr 1489 wurde
sie als Steenwegh, also als Steinweg erstmals
erwähnt. Es war wahrscheinlich die erste
Straße, die in Verden gepflastert war und damit
diesen Namen erhielt.
Im mittelalterlichen Verden war nur der
Steinweg als wichtiger Handelsweg gepflastert.
Die Route querte in Verden die Aller und führte
weiter entlang der Weser.
Alle anderen Gassen waren ungepflasterte,
staubige Gassen und Wege. Damals war das
Pflastern von Wegen teuer und aufwändig,
denn man musste die benötigten Steine –
wahrscheinlich Geschiebe – mühsam auf den
umliegenden Feldern sammeln und dann Stück
für Stück per Hand verlegen. Wenn man
bedenkt, wie lang die Große Straße ist, war
dies sicherlich eine aufwändige Angelegenheit.
Ab etwa 1575 wurde die Straße als Lange
Straße bezeichnet, erst im Laufe des 19.
Jahrhunderts erhielt sie ihren heutigen Namen
Große Straße. Aufgrund der langen Geschichte
der Straße stehen entlang dieser einige der
ältesten Häuser der Stadt, auch wenn viele der
Häuser durch Brände und Kriege immer wieder
umgebaut oder neu errichtet wurden.
In den eben vorgestellten Zeiten zwischen dem
Rokoko und den 1920er/1930er Jahren liegen
zahlreiche Epochen, die durch ganz
unterschiedliche Baustile geprägt waren. Nicht
alle Baustile dieser Zeit kann man in Verden
entdecken, dennoch stehen entlang der Großen
Straße einige spannende Gebäude.
Die Architektur, die Möbel und die Mode haben
sich in den letzten etwa 300 Jahren grundlegend
verändert.
Im Rokoko (1720–1780) dominierten verspielte
Eleganz, geschwungene Formen und reiche
Verzierungen die Architektur und das Interieur,
also die Möbel dieser Zeit. Die Mode war durch
Reifröcke und Kleider mit Spitze geprägt.
Im Biedermeier (1815–1848) liegen die Anfänge
des Bürgertums. Zu dieser Zeit entstand eine
bürgerliche Schicht, die sich immer stärker für
ihre Rechte gegenüber dem Adel und der
Oberschicht einsetzte. Die Architektur war
funktional, Möbel bestanden aus hellen Hölzern
mit klaren Linien, und die Mode war
zurückhaltend mit hochgeschlossenen Kleidern
und schlichten Anzügen.
Eine grundlegende Veränderung ereignete sich in
der Gründerzeit, einhergehend mit der
Industrialisierung. Der damals stattfindende
wirtschaftliche Aufschwung führte zu einer
Rückkehr des Prunks in der Architektur, den
Möbeln und der Mode.
Der Jugendstil war eine Reaktion auf die
industrielle Revolution und die damit
einhergehende Massenproduktion in der
Gründerzeit. In einer Zeit des sozialen Wandels
suchte man nach einer Rückkehr zur Natur und
einer veredelten, künstlerischen Ausdruckskraft
in der Gestaltung. Der Jugendstil war ein
Versuch, das Schöne und das Kunsthandwerk in
den Alltag der Menschen zu integrieren und eine
neue Ästhetik zu schaffen. Die Architektur und
die Möbel des Jugendstils sind von organischen,
fließenden Formen geprägt. Schwungvolle Linien,
natürliche Motive wie Pflanzen und Blumen sowie
verspielte Details machen diese Architektur und
die Möbel zu Kunstwerken.
In den 1920er Jahren folgte ein erneuter,
radikaler Wandel. Am Übergang zur Moderne
setzte man auf schlichte, funktionale Architektur.
Die Möbel waren minimalistisch mit Stahl und
Glas und die Mode wurde bequemer, mit kurzen
Kleidern für Frauen und lockeren Anzügen für
Männer.